FAQs zum Nullsteuersatz

Ergänzend zu den Artikeln Aktuelle Informationen zu Steuern sowie Finales BMF-Schreiben zum Nullsteuersatz veröffentlicht folgen hier einige Fragen zum Nullsteuersatz bei PV aus der Praxis. Die Antworten stammen von einem spezialisierten Steuerberater, der auch das Arbeitspapier zum Thema verfasst hat.


Gilt der Nullsteuersatz auch für Indach-Anlagen?

Zeitweise gab es vereinzelte Rückfragen, ob der Nullsteuersatz nur für Aufdach-Anlagen gelten würde. Aufgrund missverständlicher Formulierungen im Anwendungserlass zum Nullsteuersatz und unterschiedlichen Interpretationen dergleichen war einigen unklar, ob auch Indach-Anlagen mit 0% Umsatzsteuer zu berechnen sind.
Zwecks Klarstellung dieser Frage haben wir als BIHEE ein Schreiben an das Bundesministerium für Finanzen sowie ein Schreiben an das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz gesandt, woraufhin wir folgende Rückmeldungen von Staatssekretären erhielten:

BMF Antwort auf Nullsteuersatz-Frage Indach-Aufdach_Prof. Dr. Luise Hölscher Staatssekretärin

BMWK Antwort auf Nullsteuersatz-Frage Indach-Aufdach_Staatssekretär_Sven Giegold

Demzufolge gelten die Grundsätze für die Lieferung/Installation von Aufdach-Anlagen für die Anwendung des Nullsteuersatzes aus Gründen der Gleichbehandlung entsprechend für die Lieferung/Installation einer gebäudeintegrierten PV-Anlage.

Bitte gebt diese Info an eure Steuerberater weiter und lasst euch von diesen entsprechend beraten.


Ist ein Solarcarport als Komplett-Bausatz inkl. Holzunterkonstruktion im Verkauf mit 0% Mehrwertsteuer anzusetzen? Denn die Holzunterkonstruktion ist ja notwendig, um die Solarmodule zu montieren, im Prinzip das Montagesystem für die Photovoltaik. Nehme ich richtig an, dass es eine Rolle spielt, wo der Carport aufgestellt wird für die Besteuerung? Zu welchen Bedingungen wäre der Carport komplett steuerfrei?

Der Nullsteuersatz gilt gem. § 12 Abs. 3 UStG für die Lieferung und Installation einer Photovoltaikanlage (Solarmodule, Speicher und wesentliche Komponenten). Zu den begünstigten Solarmodulen gehören auch Solarmodule, die neben der Stromerzeugung auch unbedeutende Nebenzwecke erfüllen, wie etwa Solartische (vgl. Abschn. 12.18 Abs. 6 S. 3 UStAE-E). Zu den wesentlichen Komponenten gehört u. a. die Dachhalterung, da deren Verwendung speziell dem Betrieb der PV-Anlage geschuldet ist (vgl. Abschn. 12.18 Abs. 7 S. 3 UStAE-E).
Ausgehend von diesen Grundsätzen kann die Holzkonstruktion nicht als Teil der 0%-Leistung angesehen werden. Bei der Unterkonstruktion handelt es sich um keine wesentlichen Komponenten in dem Sinne, dass die Konstruktion speziell der Verwendung für die PV-Anlage dient. Vielmehr kann die Holzkonstruktion auch losgelöst von der PV-Anlage genutzt werden. Insoweit ist die Holzkonstruktion auch nicht mit den Dachbefestigungen für die Solarmodule vergleichbar, da diese allein der Befestigung der Module dienen und keinen weiteren Zweck entfalten.
Eine einheitliche Anwendung des Nullsteuersatzes ist demnach allenfalls dann möglich, wenn die Lieferung der Holzkonstruktion eine Nebenleistung zur Lieferung der Solarmodule darstellt (Abschn. 12.18 Abs. 1 S. 2 UStAE-E). Dies ist der Fall, wenn die Unterkonstruktion im Einzelfall wertmäßig von absolut untergeordneter Bedeutung ist. Im Regelfall muss hingegen eine Aufteilung des Preises erfolgen.
Hinsichtlich des Orts der Montage ist darauf hinzuweisen, dass bei einer Leistung von bis zu 30 kWp laut Marktstammdatenregister der Nullsteuersatz greift, unabhängig davon, an welchem Ort sich der Carport befindet (vgl. Abschn. 12.18 Abs. 3 S. 10, Abs. 4 UStAE-E). Bei Anlagen, die nicht im Marktstammdatenregister eingetragen sind, oder die mehr als 30 kWp betragen, ist erforderlich, dass sie sich auf dem selben Grundstück wie ein begünstigtes Gebäude befinden oder ein räumlicher Zusammenhang mit einem solchen Gebäude besteht (z.B. ein Gebäudekomplex) (vgl. Abschn. 12.18 Abs. 3 S. 8 f. UStAE-E).


Aufgrund der Aussage beim Carport, dass die Unterkonstruktion auch losgelöst von der PV-Anlage genutzt werden könnte und somit nicht unter die 0%-Regelung fällt, stellt sich auch die Frage, wie es sich bei den Zählerschränken verhält. Diese berechne ich derzeit mit 0% MwSt, da ich ja sonst keine Abnahme seitens des Netzbetreibers erhalte. Ich könnte den neuen Zählerschrank aber auch ohne die PV-Anlage nutzen.

Beim Zählerschrank geht das BMF derzeit davon aus, dass dieser grundsätzlich nicht dem Nullsteuersatz unterliegt (vgl. Abschn. 12.18 Abs. 9 S. 4 UStAE-E). Ist der Elektroinstallateur mit der Lieferung und Installation einer kompletten PV-Anlage beauftragt und kann es ohne den Zählerschrank zu keiner Abnahme durch den Netzbetreiber kommen, liegt aus meiner Sicht dennoch eine Nebenleistung zur Hauptleistung (Lieferung PV-Anlage) vor, sodass der Nullsteuersatz insgesamt auch den Zählerschrank mit umfasst.


Ein Dachdecker (der PV installiert) kauft bei einem Fachhändler eine 11,06 kWp Anlage für sein Eigenheim mit Speicher, aber ohne Wallbox, sprich: er ist demnach Anlagenbetreiber.

Bei der Regelung zum Nullsteuersatz (§ 12 Abs. 3 UStG) handelt es sich um kein Wahlrecht. Liegen die Voraussetzungen vor, ist die Leistung folglich zwingend mit 0% abzurechnen. Da die Lieferung an den Betreiber der Anlage erfolgt und die Anlage weniger als 30 kWp hat, muss die Lieferung an den Dachdecker mit 0% Umsatzsteuer erfolgen. Eine Lieferung mit 19% würde den Dachdecker nicht zum Vorsteuerabzug berechtigen.
Als Nachweis genügt, wenn der Dachdecker seinem Lieferanten für die relevante Anlage mitteilt, dass er der Betreiber der Anlage ist (vgl. Abschn. 12.18 Abs. 5 UStAE-E).


Nachfrage aus Händlersicht: Mein aktueller Stand ist, dass wir die Ware mit MwSt einkaufen, mit Steuer an den Handwerker weiterverkaufen (dieser sich entsprechend Vorsteuer zieht) und nur der Handwerker in Richtung Endverbraucher ohne MwSt fakturiert. Das ist weiter so, oder gibt es diesbzgl. Änderungen?

Der Nullsteuersatz greift nur für Leistungen an den Betreiber einer PV-Anlage. Folglich sind Leistungen auf Vorstufen (zwischen Händler und Handwerker) grundsätzlich mit 19% abzurechnen (vgl. Abschn. 12.18 Abs. 2 S. 1 UStAE-E). Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Handwerker zugleich Betreiber der Anlage ist / wird (siehe oben).
Aus Nachweisgründen sollte sich der Händler, wenn er mit 0% abrechnet, von seinem Kunden die Betreibereigenschaft schriftlich bestätigen lassen. Dies kann auch über die AGB geschehen (vgl. Abschn. 12.18 Abs. 5 UStAE-E).


Das Kapitel „2.7.2. Lieferung auf einzelnen Handelsstufen“ im Arbeitspapier zum Nullsteuersatz (siehe Artikel Aktuelle Informationen zu Steuern) verstehen wir nicht ganz und benötigt von unserer Seite Klärung.
Dort steht, dass auch zwischen Händlern (und/oder Handwerkern) der Nullsteuersatz gelte, wenn man wisse, dass ein Kunde des Kunden die Kriterien für den Nullsteuersatz erfüllt. Das ist doch in der Praxis unmöglich, so wie das dort beschrieben ist. Kann der letzte Verkäufer in der Kette nicht einfach beim Einkauf die Vorsteuer ziehen und an den Kunden den Nullsteuersatz umsetzen? Da hat er doch keinen Nachteil von, oder? Was würde dann die Regel wie im Arbeitspapier unter 2.7.2. beschrieben bringen?

Das Kapitel 2.7.2 hat sich durch den Entwurf des BMF-Schreibens vom 26.01.2023 erübrigt. Das BMF hat klargestellt, dass die Fiktion des § 12 Abs. 3 Nr. 1 S. 2 UStG (30 kWp-Regelung) nur die gebäudebezogenen Voraussetzungen betreffen. Wie oben bereits ausgeführt, unterliegt somit nur die Leistung gegenüber dem Betreiber dem Nullsteuersatz. Auf allen vorherigen Handelsstufen gilt weiterhin der Regelsteuersatz.


Wie muss der PV-Installateur die Steuer auf der Rechnung ausweisen? Wir empfehlen gerade, die 0% immer klar auszuweisen (haben als verpflichtend wahrgenommen) und den Hinweis „Steuersatz entsprechend § 12 Abs. 3 Nr. 1 UstG“ hinzuzufügen. Ist das so richtig? Was davon ist tatsächlich Pflicht?

Der Unternehmer muss in der Rechnung gem. § 14 Abs. 4 S. 1 Nr. 8 UStG den anzuwendenden Steuersatz sowie den auf das Nettoentgelt entfallenden Umsatzsteuerbetrag oder einen Hinweis auf die Steuerbefreiung angeben. Vorliegend ist daher die Angabe des Steuersatzes („0%“) sowie der Steuerbetrag (EUR 0,00) erforderlich. Da kein steuerfreier Umsatz vorliegt, ist ein Hinweis auf eine Steuerbefreiung entbehrlich.
Ungeachtet dessen erachten wir den Hinweis „Steuersatz entsprechend § 12 Abs. 3 Nr. 1 UStG“ oder einen vergleichbaren Hinweis (z.B. „Nullsteuersatz für PV-Anlagen“) für hilfreich, um optisch eindeutig zwischen steuerfreien Umsätzen und Umsätzen zum Nullsteuersatz unterscheiden zu können. Dies gilt insbesondere dann, wenn z.B. auch auf Reverse-Charge Rechnungen (im Baubereich) die Steuer mit 0% angegeben wird.


Ein Betrieb montiert Dachhaken als Vorarbeit zur Installation einer PV-Anlage. Die Anlage wurde jedoch nicht im Gesamten vom Betrieb fertiggestellt.

Nach Abschn. 12.18 Abs. 8 S. 3 UStAE gehört die „Dachhalterung“ zu den wesentlichen Komponenten einer PV-Anlage insbesondere. Da auch die Lieferung und Montage einzelner wesentlicher Komponenten für sich betrachtet von § 12 Abs. 3 Nr. 1 und 4 UStG er fasst wird (vgl. Abschn. 12.18 Abs. 8 S. 4 UStAE), wird auch die reine Lieferung und Montage der Dachhalterung vom Nullsteuersatz erfasst. Insoweit ist es nicht erforderlich, dass die Dachhalterung zusammen als Paket mit einer PV-Anlage geliefert und montiert wird, um von Nullsteuersatz erfasst zu werden. Auf die Frage, ob eine Nebenleistung vorliegt, kommt es insoweit nicht an.
Die Lieferung und Montage der Dachhaken ist somit stets vom Nullsteuersatz erfasst, wenn der Leistungsempfänger Betreiber einer begünstigten Anlage ist (vgl. Abschn. 12.18 Abs. 2 S. 1 UStAE).

In der Praxis ist grundsätzlich genau zu unterscheiden, ob der Gegenstand der Lieferung / Montage

  • ein Solarmodul, ein Speicher oder eine wesentliche Komponente ist,   oder ob
  • eine Vorarbeit oder eine Lieferung / Montage einer nicht wesentliche Komponente vorliegt, die nur dann dem Nullsteuersatz unterliegt, wenn es sich bei der Leistung um eine Nebenleistung zu einem begünstigten Umsatz handelt.